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Nach einer schönen Zeit in der Mongolei erreichen wir Ulan-Ude in Russland, wo wir eine Nacht bleiben, um dann weiter nach Wladiwostok zu fahren.

Ankunft in Ulan-Ude

Anders als in Deutschland, wo dezent an die Tür geklopft wird, öffnet die Zugbegleiterin die Tür, um uns zu wecken. Wir waren zum Glück schon wach und packten schnell die Sachen zusammen.

Den Bahnhof von Ulan-Ude verließen wir schnell, um unsere Unterkunft um 8 Uhr zu erreichen. Fälschlicherweise gingen wir in ein Hostel, das dieselbe Hausnummer wie unsere Unterkunft hat. Leider verstand uns keiner und auch die Übersetzungs-App war keine große Hilfe. Netterweise las uns unsere Gastgeberin auf der Straße auf und umarmte uns herzlich.
Während die Waschmaschine lief, schliefen wir erstmal bis mittags, die Zoll-Kontrollen in der Nacht waren doch anstrengend.

Erkundung der Stadt Ulan-Ude

Über den Bahnhof wollten wir in die Innenstadt gelangen. Laut dem Transsib-Handbuch gibt es eine Brücke und auch einen Tunnel, um die Gleise zu überqueren. Im Bahnhofs-Gebäude gab es wieder Sicherheitskontrollen. Dann erreichten wir eine Brücke, die aber nur bis zu den mittleren Gleisen reichte. Am anderen Ende des Gleises sahen wir dann die Überführung, die bis direkt in die Stadt führt.
Vorbei an kleineren Hostels und Supermärkten kamen wir dann schnell zum Kopf von Lenin.
Wie in anderen russischen Städten fanden wir hier Eisskulpturen und eine Eisbahn vor.

Lenin Kopf
Lenin Kopf

Diesmal musste ich die Rutsche ausprobieren. Die Kinder hatten alle Plastik-Untersetzer, mit denen man rutschen konnten, ich hingegen setzte mich auf meinen Thermo-Rock. Darauf bot mir ein etwa 12jähriger Junge seinen Plastik-Sitz an und ich rutschte in Windeseile hinunter. Was für ein Spaß!

Der Musikbrunnen ist aktuell nicht in Betrieb, wird aber abends beleuchtet.

Restaurants in Ulan-Ude

Zu Fuß gingen wir in eisiger Kälte (es waren mittlerweile schon wieder -19° Grad) marschierten wir die Ulitsa Yerbanova entlang, um im Marco Polo Restaurant zu essen. Das Interieur strahlte eine Gemütlichkeit aus. Im hinteren Bereich gab es kleinere Räume, die an Wohnzimmer erinnerten. Das Personal sprach sehr gutes Englisch und das Essen ist sehr zu empfehlen.

Café Ulan Ude
Café Ulan Ude

Die Einkaufsstraße Ulitsa Lenina hatte für uns keinen besonderen Reiz. Interessant waren jedoch die Statuen, die überall in der Stadt herumstehen. Von außen entdeckten wir ein Café, das sehr interessant aussah.
Innen wirkte alles wie aus sowjetischen Zeiten. Die Gläser haben ein geriffeltes Muster, was wohl auch typisch hierfür ist.

Zurück bei Lenins Kopf kehrten wir am Ploschad‘ Sovetov in den Gastro Pub Churchill ein, wo wir uns nochmal kleine Snacks kommen ließen. Die Band begeisterte uns nicht so. Sie schafften es gerade mal drei Lieder am Stück zu spielen.

Auf dem Heimweg entdeckten wir die Unterführung unter den Gleisen. Dieser Tag war insgesamt eher zum Ausruhen gedacht und ein Zwischenstopp, bevor es auf die lange Zugfahrt nach Wladiwostok geht.

Morgen um 9 Uhr erwachten wir und konnten noch ein letztes mal den Blick über den zugefrorenen Baikalsee in Sljudjanka, Russland, schweifen lassen. Heute sollte es mit der Transsibirischen Eisenbahn nach Ulaanbaatar in der Mongolei gehen.

Aufbruch vom Baikalsee

Abschied von Sljudjanka
Abschied von Sljudjanka

Um 10 Uhr waren wir mit Maksim, unserem Gastgeber, verabredet. Er brachte uns zum 3 km entfernten Bahnhof von Sljudjanka. Der Zug sollte um 10.45 Uhr losfahren, mit nur zwei Minuten Halt an unserer Station. Deshalb waren wir froh, dass uns Maksim begleitete. (Vielen Dank Maksim!) Wir wollten nicht wieder in das falsche Abteil einsteigen wie auf der Strecke von Kungur nach Jekaterinburg, wo wir die ganzen Füße ins Gesicht bekamen.
Maksim begleitete uns zum Bahnsteig und hörte für uns, wo unser Waggon stehen sollte. Der Zug war jedoch sehr kurz, er ist in Ulan-Ude gestartet, Ulaanbaator sollte die Endstation sein.

Diesmal hatten wir ein Abteil in der 1. Klasse gebucht, weil diese Fahrt nicht erheblich teurer als in der 2. Klasse war.

Vorräte Transsib
Vorräte Transsib

Die Zugbegleiterin begrüßte und freundlich und erklärte uns auf Englisch (die erste, die Englisch sprach), dass es gegen Mitternacht Passkontrollen geben würde. Sie würde uns kurz vor den Bahnhöfen immer Bescheid geben, dass die Toiletten abgeschlossen würden. Außerdem gab es eine Karte, von der wir uns Snacks (Nudelgerichte, Süßigkeiten) und Souveniers von der Transsib kaufen konnten. Wir hatten aber vorgesorgt und uns mit Würstchen, Käse, Nudelsnacks und Keksen eingedeckt. Außerdem hatten wir Wasser und unsere Tee-Vorräte aus Deutschland dabei.
Unsere Betten waren schon bezogen und wir hatten jeweils zwei große Kissen, die uns ermöglichten, bequem zu liegen und auf den Baikalsee zu schauen.

Gegen Mitternacht kam die Zugbegleiterin und teilte uns mit, dass nun die Passkontrollen durchgeführt würden. In Schlaf-Sachen begrüßten wir die Zoll-Beamten. Sie kontrollierten ganz akribisch unsere Gesichter und Augenfarben. Hierfür mussten wir aufstehen, was bei Olivers Größe sehr witzig war, denn alle Kontrolleur(innen) waren kleiner als wir.

Dann gab es noch zwei weitere Kontrollen, bei denen wir das Gepäck zeigen und auch das Abteil verlassen mussten. Es kam sogar ein Hund und inspizierte unser Abteil.

Nach 90 Minuten ging es dann endlich weiter, nur um 20 km später noch einmal das Gleiche durchzuführen.
Diesmal ging es etwas schneller. Insgesamt waren alle Kontrolleure sehr freundlich zu uns. Einer versuchte sogar über Fußball zu fachsimpeln, obwohl es in der wieder neuen Sprache wieder schwieriger war.

Anschließend fuhren wir langsam unserem Ziel Ulaanbaator entgegen. Insgesamt dauerte die Fahrt 20 Stunden.

Unser letzter Tag am Baikalsee in Sljudjanka, Russland, brach um 9 Uhr an. Draußen sah es etwas bedeckt aus, also warteten wir, bis sich die Sonne sich zeigte.

Spaziergang auf dem Baikalsee

Es ist merklich kälter geworden, so dass das Eis des Baikalsees noch stabiler erschien. Trotz dicker Kleidung, die aus mehreren Schichten bestand, war es sehr kalt und unsere Gesichter wurden schnell rot. Wir beschlossen, heute mal in die andere Richtung, also in Richtung der alten Fischfabrik zu laufen. Aus dem Wasser ragten spitze, große Eissplitter. Ich denke, dass die Bilder für sich sprechen:

Weit kamen wir heute nicht. Der Souvenierladen, der neben dem Mini-Supermarkt ist, hatte geschlossen. Dafür entdeckten wir den unten stehenden Wegweiser (Moskau – Wladiwostok).

Zum Abschied ging es natürlich nochmal in die Goldene Jurte. Nicolai (der Besitzer) erzählte uns, dass die Gäste am Nebentisch ein Polizei-Abzeichen feiern (einen Stern). Aus einem bestimmten Glas aus Sowjet-Zeiten muss der Polizist, der das Abzeichen erlangt hat, Wodka trinken. Der Stern schwamm in dem Wodka. Dieses Spektakel konnten wir daraufhin beobachten. Mit einem pompösen Essen wurde angestoßen.

Abschied von der Goldenen Jurte

Nicolai schenkte uns zum Abschied ein Souvenier aus Sljudjanka. Dies war ein Stück Glimmer, das in dieser Region neben Marmor abgebaut wird, in einem Stück Plexiglas.

Glimmer aus Sljudjanka
Glimmer aus Sljudjanka

Obwohl Sljudjanka ein vergleichsweise kleiner Ort ist, lohnt sich eine Reise hierhin. Die Unterkunft von Maksim „Pik Cherskogo“ und das Restaurant von Nicolai haben uns diesen Aufenthalt sehr angenehm und erholsam gemacht.

Goldene Jurte

Da wir etwas ab vom Schuss, dafür aber direkt am Baikalsee wohnten, gab es für uns nur die Goldene Jurte, um etwas zu essen. Dies ist ein großartiges Restaurant mit einigen wenigen Spezialitäten des Landes. Hier kehrten wir nachmittags / abends ein und nahmen hier oft die einzige Mahlzeit des Tages ein.

Pellmini in der Goldenen Jurte
Pellmini in der Goldenen Jurte

Für uns gab es immer Pellmini, die eine Zubereitungszeit von 20 Minuten erforderten (s. linkes Bild), entweder gedämpft oder gebraten. Die gedämpften Teigtaschen schmeckten uns besser. 
Man bekommt dafür Einmal-Handschuhe und beißt vorsichtig hinein. Anschließend schlürft man die Suppe vorsichtig heraus. Am besten würzt man mit einer scharfen und einer Sojasauce nach. Eine Portion besteht aus vier Pellmini, die wir uns immer teilten.
Ausgerechnet hiervon habe ich keine Fotos gemacht, wahrscheinlich weil wir uns direkt über diese her gemacht haben.

Eine weitere Spezialität waren kleine Pellmini mit Leber in einer kleinen Suppe. Natürlich ist das Geschmackssache, aber ich fand sie köstlich. 
Typisch für Russland ist die Soljanka, eine Suppe mit sauer eingelegtem Gemüse. Diese bekommt man in jeder russischen Küche und schmeckt hervorragend. 
Oliver hatte einmal eine andere Suppe probiert: klare Brühe mit Rindfleisch.

Wir haben alle Gerichte probiert, so auch den Gulasch mit Reis (so etwas ähnliches, mir fällt der Name nicht ein). Oliver hatte ein leckeres Kotelett und für mich gab es oft den Vitamin-Salat, bestehend aus Kohl und Möhren.

Am vorletzten Abend probierten wir das, was wir noch nicht von der Karte kannten: Fleischbällchen und Putenschnitzel. Es kann ja nicht immer nur Pellmini geben.

Zum Nachtisch gab es Blini mit Erdbeermarmelade und einer Milchcreme. Durch die Teigtaschen waren wir aber meist schon sehr satt, so dass wir nur einmal den Nachtisch probierten.

Einmal waren wir auch in der Stadt, nämlich am Bahnhofs-Café essen. Die Blinis (kleine Pfannkuchen) waren gerollt und mit Frischkäse gefüllt. Natürlich bekamen wir auch hier kleine Teigtaschen in einer Brühe. Hiervon existieren keine Fotos, sie sind aber erwähnenswert, falls jemand mal an den Bahnhof in Sljudjanka kommt.

Kantine der Eisenbahner
Kantine der Eisenbahner

In der Kantine der Eisenbahner (RZD) kehrten wir an unserem ersten Tag ein. Das war, nachdem wir uns mehrfach verlaufen und dann mit dem Bus in die Stadt gefahren sind. Das erklärt Olivers zerzaustes Haar. Das Essen war sehr günstig und lecker.

Morgens ist der Blick über den Baikalsee am schönsten. Von unserem Fenster kann man die Berge am gegenüberliegenden Ufer sehen und die Sonne strahlt auf die schneebedeckten Eisschollen auf dem See. Heute wollten wir von unserem Hotel in den Ort Sljudjanka über den See laufen.

Spaziergang auf dem Baikalsee

Um sicher zu gehen, dass das Eis auch dick genug ist, fragten wir unseren Gastgeber Maksim, was er von einem Fußmarsch über den Baikalsee hält. Er meinte, dass es wohl dick genug wäre, er würde aber erst in der folgenden Woche darauf laufen.

Mutig suchten wir uns unseren Weg auf das Eis. Es machte einen sicheren Eindruck. Über den See ist der Weg deutlich kürzer, ich denke, dass es wohl 2,5 km sind.

Um uns herum gab es nur wenige Fußspuren. Eine Spur war die eines Menschen mit einem Hund, dann wird wohl alles sicher sein.

Loch im Baikalsee
Loch im Baikalsee

Plötzlich knackte und knallte es um uns herum. Wir brechen doch nicht in den See ein? Etwas schneller setzten wir den Weg fort und fühlten uns kurze Zeit später schon wieder sicher. Doch dann entdeckten wir am Ufer Wasser, das in den See fließt und kein bisschen gefroren war. Ohje! Wir beschlossen, an Land zu gehen, was sich auch als machbar erwies. Über große Steine kamen wir auf einen kleinen Weg, doch den kleinen Fluss mussten wir balancierend überqueren. Darauf wurde der Trampelpfad breiter und man sah Reifenspuren. War das der Weg, den wir vor zwei Tagen hätten nehmen müssen? Nach etwa 300 m erreichten wir ein verschlossenes Tor. Und jetzt? Entweder zurück mit dem Hindernis des Bachs oder erneut auf den Baikalsee weiter in Richtung Sljudjanka. Wir wollten weiter, also kraxelten wir die Steine herunter und kamen kurze Zeit später im Dorf an. 

Bahnhofs-Café in Sljudjanka

Am Bahnhof kehrten wir in ein Café ein, weil wir mittlerweile doch etwas verfroren waren. Bei der Bestellung wollte uns wieder ein Gast helfen. Es stellte sich heraus, dass die beiden Gäste Austausch-Studenden aus Deutschland waren, die in St. Petersburg ein Auslandssemester absolvieren. Schnell kamen wir ins Gespräch. Interessant war, dass etwa zwei Drittel der Austauschstudenten Chinesen sind.

Wir erkundeten noch ein wenig den Ort. Es scheint als wenn im Stadtkern täglich eine Art Markt ist. Draußen werden Schuhe, Socken, Taschen etc. auf Tischen zum Verkauf angeboten.
In einem keinen Einkaufszentrum kauften wir schon mal für unsere Reise nach Ulan Bator ein.

KFC Sljudjanka
KFC Sljudjanka

Einen Kaffee tranken wir bei KFC (King Food Sljudjanka), das nichts mit der Fastfoodkette zu tun hat.
Einen Bus für die Rückfahrt bekamen wir wieder nicht. Die Taxi-App war noch nicht aktiviert, so dass wir uns wieder an Einheimische wenden mussten. Die organisierten uns ein Taxi und quatschten permanent mit uns, ohne dass wir etwas verstehen konnten. Die Übersetzungs-App half uns.

Das Taxi brachte uns sicher zurück zum Hotel. Dort gab mir Maksim den Schlüssel für den Waschraum und ich konnte wieder mal Wäsche waschen.

Wo ließen wir wohl den Abend ausklingen? Genau, wieder in der Goldenen Jurte (lach). Die CD kennen wir mittlerweile auswendig. Zum Glück waren wir heute die einzigen Gäste.

Russland verstehen? Nein, das geht nicht. Zu weit ist das Land, zu lang ist die Geschichte, zu verschieden sind die Menschen. Doch literarisch kann man sich dem Land annähern und ein Verständnis für die Gegebenheiten und die Schicksale der Menschen entwickeln.
Wo fängt Russland an und wann ist Geschichte interessant? Meine Auswahl entwickelte sich aus Autoren, die ich bereits kannte (u.a. aus dem Studium), Reiseliteratur und auch in den Medien diskutierte Autoren.
Die folgende Übersicht in nur ein Beginn meiner Lektüre und wird sicher noch in den nächsten Monaten und Jahren ergänzt. Natürlich freue ich mich auf weitere Vorschläge und bin für Diskussionen offen.
Werke, die rund um die transsibirische Eisenbahn spielen, habe ich in einem separaten Artikel thematisiert.

Russland:

  •  Tom Rob Smith: Agent 6 (2011)
    Agent 6 ist der letzte Teil der Trilogie nach Kind 44 und Kolyma, kann aber unabhängig von den beiden Werken gelesen werden. Die Politthriller sind gefüllt von politischen Ereignissen und lassen den Leser schnell in die Geschichte Russlands eintauchen.
    Der MGB-Offizier Leo Demidow soll den Kommunisten Jesse Austin, einen dunkelhäutigen Sänger aus Amerika das sowjetische Bildungssystem in geschönter Form darstellen. Hier lernt der 27jährige seine Frau Raisa kennen.
    Jahre später reist die Lehrerin Raisa mit ihren beiden adoptierten Töchtern Soja und Elena nach New York, um am Programm Schüler für den Frieden in Zeiten des Kalten Krieges teilzunehmen.
    Während des Auftritts wird Jesse Austin erschossen und Raisa und ihre Töchter geraten zwischen die Fronten. Lügen und Intrigen sorgen dafür, dass Raisa, die ebenfalls durch einen Schuss stirbt, als Hauptschuldige in der Sache angesehen wird.
    Leo Demidow versucht der Sache nachzugehen im Glauben an die Unschuld seiner Frau, wird jedoch durch eine misslungene Flucht über Finnland nach Afghanistan versetzt.
    Hier erlebt er Sowjetische Interventition in Afghanistan und will doch nur noch zurück zu seinen Töchtern.
    Die Romane von Tom Rob Smith zeigen die unschönen Situationen des Lebens. Der Leser lernt verschiedene Perspektiven von Tätern, Opfern und den Menschen dazwischen kennen und kann sich in jede Person einfühlen. So kann man auch das Handeln Menschen, die anderen Leid zugefügt haben, nachvollziehen und teilweise Mitleid mit diesen empfinden.
    Der Autor zeigt politische Strukturen in Russland auf und hilft den Durchreisenden Geschichte nachvollziehbar zu machen und die Menschen zu verstehen. Niemand ist wirklich frei von Geschichte.
  • Stefan Orth: Coachsurfing in Russland
    Dies ist ein Buch, das man vor einer Russland-Reise lesen kann und einen persönlichen Blick des Autors und Journalisten Stefan Orth auf das Land und seine Besonderheiten bekommt.
    Zehn Wochen durchstreift Orth Städte zwischen Moskau und Wladiwostok (die Strecke, die wir mit der Transsib zurücklegten) und trifft dort immer wieder auf Menschen und ihre Geschichten. Durch www.couchsurfing.com findet er immer wieder einen Platz zum Schlafen und setzt sich hier mit seinen Vorurteilen auseinander, die er teils bestätigt findet, jedoch auch reflektieren muss.
    Fotos in der Mitte des Buches bilden teilweise die Personen und auch Orte, an denen er schlafen musste (Matratze direkt neben der Toilette im Bad) ab.
  • Eva Stachniak: Winterpalast (2012, Hörbuch)
    Die junge Waise Varvara kommt als Dienstmädchen in den Winterpalast und lernt, dass Ohren und Augen überall sind. Sie wird zu einer der wichtigsten Spioninnen des Palastes. Als die junge Sophie von Anhalt-Zerbst – die spätere Katharina die Große – an den Hof kommt und auf dem Weg zur Macht eine Verbündete braucht, wird Varvara ihre engste Vertraute. Die Freundschaft der beiden Frauen ist vielen eine Dorn im Auge und wird durch politische Intrigen eingeschränkt. Schließlich erklimmt Katharina den Zarenthron, wodurch sie eine der mächtigsten Frauen ihrer Zeit wird.
    Der „Winterpalast“ zeigt, wie Politik funktioniert und welche Machr der russische Zarenhof einst über die Menschen besaß. Der Wandel der Persönlichkeiten ist empathisch dargestellt.

Georgien:

  • Nino Haratischwili: Brilka, das achte Leben (2014)
    Ein Roman eingebettet in die Geschichte Georgiens? Nicht erwartet habe ich eine solche Wucht bei der Auswahl dieses Romans. Das Familien-Epos hat einen bleibenden positiven Eindruck hinterlassen, so dass ich dies uneingeschränkt an Menschen mit geschichtlichem Interesse weiterempfehlen kann.
    Stasia, Christine, Kitty, Kostja, Elene, Daria, Niza, Brilka. Acht Leben, acht Biographien, die ineinander verwoben sind wie ein Teppich. Jedes Leben ein Faden, der den Fortbestand des Teppichs sichert.
    Nino Haratschwili erzählt die Geschichte einer Familie über sechs Generationen beginnend mit der Geburt der Tochter Stasia des angesehenen Schokoladenfabrikanten in Georgien im Jahr 1900. Der Leser taucht in die Geschichte eines Landes ein, das ständig von Kriegen und Revolutionen erschüttert und von Not bedroht wird. Der rote Faden ist das Rezept der Trinkschokolade, deren verführerischer Geschmack und Duft von einem Segen und Fluch zugleich verfolgt zu sein scheint und deshalb nur ausgewählten Familienmitgliedern zugänglich ist. Die Familie wird auseinander gerissen durch verschiedene gesellschaftliche Positionen und Ideologien, Verrat, falsche Freunde, Politik unter Stalin und den Machenschaften des Geheimdienstlers Lawrenti Beria, der hier stets nur als der „Kleine Große Mann“ betitelt wird. Menschen verschwinden, die Sehnsucht nach Rückhalt in der Familie und der Glaube an die Liebe in diesen schweren Zeiten wird von politischen Ereignissen überschattet. Jeder erlebt eine Form von Gewalt, die das Leben zeichnet.
    Eingebettet ist die Geschichte in die Suche nach der verschwundenen Nichte Brilka im Jahr 2006, die von ihrer Tante Niza aufgespürt und zurück nach Tiflis (Tbilissi) begleitet werden soll.

    Der Roman umfasst in der gedruckten Version über 1000 Seiten, weshalb ich froh war, ihn auf dem Tolino zu lesen. Ein Familienstammbaum befindet sich in der gedruckten Version, in dem Epub-Format fehlte dieser leider, so dass ich mir selbst einen erstellte. Es empfiehlt sich unbedingt vorher den Artikel über Lawrenti Beria zu lesen, denn so wird vieles aus der Geschichte Georgiens und auch Russlands klarer.

Es ist schön, auch mal einfach im Zimmer zu liegen und die Aussicht auf den Baikalsee in Sljudjanka, Russland, zu genießen. Wir hatten keine Pläne für den Tag und konnten einfach mal die Seele baumeln lassen.

Spaziergang auf dem Baikalsee

Der Baikalsee ist zwar erst am letzten Wochenende zugefroren, doch er war schon begehbar, wie wir an Fußspuren erkennen konnten. Sollten wir es wagen? Der Weg zum See war schon schwierig über die zugefrorenen Stufen, doch mit Spikes war alles möglich. Der See fühlte sich an wie ein normaler Waldweg. Die Unebenheiten kamen durch die Bewegung des Wassers zustande. An einzelnen Eisstücken konnte man erkennen, dass das Eis schon etwa 5 cm dick war. Zumindest das, was man sehen konnte, ich hoffe natürlich, dass der Rest dicker ist.

Nachmittag / Abend in der Goldenen Jurte

Um Zugang zum Internet zu bekommen, gingen wir diesmal recht früh in die Goldene Jurte. Der Besitzer Nikolai gesellte sich zu uns und berichtete, dass auf dem Baikalsee jährlich ein Marathon ausgerichtet wird, den er mit organisiert. Auf dem See werden Toiletten und Essenstände aufgebaut, außerdem gibt es Markierungen der Strecke. Aus aller Welt kommen jährlich Sportbegeisterte. Der Marathon auf dem Eis lässt sich aber mit keinem anderen vergleichen. Die Gegebenheiten des Eises und der Temperaturen wären von Jahr zu Jahr anders.

Anders als an den Vortagen füllte sich das Restaurant im Laufe des Abends. Im hinteren Bereich war ein Kindergeburtstag mit Spongebob, vorne saßen zwei kleinere Gruppen mit Russen. Je später der Abend wurde, desto lauter wurde es.

Auf einmal erhob sich eine Gruppe und begann in der Mitte des Restaurants zu tanzen. Oleg setzte sich zu Oliver und versuchte ihm etwa eine Stunde lang zu erklären, dass er LKW-Fahrer sei. Der Alkohol-Pegel war schon sehr hoch. Man versuchte uns zu Vodka und Tanz zu überreden, was wir vehement ablehnten. Doch das wurde nicht akzeptiert und wir wurden regelrecht auf die Tanzfläche gezerrt.

Es wurde ein netter Abend. Oleg schlief zum Glück irgendwann ein, sonst hätten wir uns noch weiter anhören müssen, dass er LKW-Fahrer ist. Mehr war aus ihm nicht heraus zu bekommen. Seine Frau entschuldigte sich zigmal bei uns, doch wir versicherten, dass alles entspannt wäre.

Das war der erste Abend, an dem das Personal die Gäste aufforderte zu gehen, weil es schon 23 Uhr war.

Eigentlich sind wir in ein einsames Hotel gefahren, um mal nichts zu machen. Bisher sind wir von Stadt zu Stadt gereist und haben uns alles angeschaut und uns treiben lassen. Hier leben wir nun in einem kleinen Hotel direkt am Baikalsee in der Nähe von Sljudjanka.

Spaziergang in die Stadt

Morgens bekamen wir von unserem Gastgeber köstlichen, frisch gebrühten Kaffee. Wir ließen uns den Fußweg ins Dorf erklären, weil wir den Schnee entlang der Schienen der Transsibirischen Eisenbahn genießen wollten. Er hätte uns auch gefahren, doch der Tag war zu sonnenklar dafür.

Wir waren schwer beeindruckt von dem klaren, glitzernden Schnee. Es wirkte alles wie im Märchen. Der Weg führte direkt zwischen Baikalsee und den Bahn-Schienen entlang. Wir waren überrascht wie stark frequentiert die Bahntrasse ist. Ständig hörten wir das Pfeifen der Güterzüge, die schwer beladen in beide Richtungen rauschten.

Unser Weg führte immer geradeaus, gabelte sich dann schließlich an einer Stelle, was jedoch eine Fehlentscheidung war, da dieser Weg irgendwann endete. Also zurück zur Gabelung und weiter direkt neben den Schienen. Die Züge kündigten sich von Ferne bereits an, so dass wir nicht zu nah an den Gleisen gingen.
Irgendwann erschien uns auch dieser Weg als falsch, da die Fußspuren verschwanden und weder rechts noch links genug Platz für Fußgänger war. Also wieder zurück. Der einzige Weg war ein kleiner Tunnel unter den Schienen her, der unsere Kletterkünste erforderte. Auf der anderen Seite sah auch alles nicht nach einem Fußweg aus. Wir waren auch schon fast wieder an unserem Hotel. Also ab zurück und zum Bus.

Busfahrt nach Sljudjanka

Direkt an der Straße, wo auch die Goldene Jurte ist, hält ein Bus, bei dem wir mal unser Glück versuchen wollten. Erst hielt ein Auto, das uns mitnehmen wollte, was hier in Russland wohl üblich ist. Es waren jedoch zu wenig Plätze, so dass wir weiter auf den Bus warteten, der fünf Minuten später eintraf.
Was für ein Erlebnis: Ein Mini-Bus, gefüllt mit ältern, pelzbesetzen Damen, die teilweise auch nur Stehplätze hatten. Die Tür ging erst nicht zu, so dass ich mich weiter reinquetschen musste. Los ging’s!
Die Fahrt war sicher und dauerte auch nur eine Station. Wir zahlten 20 Rubel (35 ct) jeder nach dem Aussteigen beim Fahrer am Fenster. Anders war es platztechnisch nicht möglich.

Sljudjanka

In der Stadt wollten wir als erstes unsere Tickets für die Weiterfahrt in ein paar Tagen ausdrucken. Der Weg dorthin war jedoch sehr eisig. Also suchten wir als erstes Stolowaja für die Eisenbahner auf. Dort war es warm und wir bekamen für wenig Geld ein Mittagessen.

Danach ging es über die Brücke zum marmornen Bahnhofsgebäude. Alles wirkte verlassen und einsam, doch im Innern des Gebäudes mussten wir wieder eine Sicherheitsschleuse passieren. Einen Ticket-Drucker fanden wir nicht, wir werden es wohl wieder mit dem Online-Ticket versuchen müssen.

In der Stadt sind wenig Cafés. Erst in einem Hinterhaus entdeckten wir eins und lernten dort Slawa kennen, der uns durch Notizen von Jahreszahlen klarmachte, dass er 1970 irgendwie in der DDR war (oder dort jemanden kannte?). Er redete mit Händen und Füßen mit einer Alkoholfahne von hier bis zum Mond. Er wollte uns auch gar nicht verlassen und folgte uns in ein Lebensmittelgeschäft. Wir sagten, dass wir noch shoppen gehen, so ließ er uns ziehen.

Nach unseren Einkäufen wollten wir den Bus zurück nehmen, doch es fuhr angeblich keiner. Zumindest keiner für uns. Ein Einheimischer brachte uns zu einer Taxivermittlung und organisierte uns für 100 Rubel (1,40 €) ein Taxi nach Hause. Er wartete auch netterweise, bis das Taxi kam und uns sicher nach Hause führte. Vor der Abfahrt entdeckte uns Slawa wieder und verabschiedete sich überschwänglich.

Den Abend ließen wir wieder in der goldenen Jurte ausklingen.

Wie beschränken uns für Irkutsk auf das Baikal Love Cafe und den Central Market, wo wir essen waren.

Baikal Love Café

Links: Pike-Fisch-Bällchen mit Knoblauch-Dip
Rechts: Omul-Fisch, ein Süßwasser-Fisch, den es nur im Baikalsee gibt

Überhaupt ist das Cafe gemütlich und bei Travellern beliebt.

Kaviar vom Markt

Es gibt diverse Sorten an Kaviar. Wir kauften hier den schwarzen nach einer Kostprobe.

Der Central Market ist eine Fundgrube für allerlei kulinarischer Kuriositäten und auf jeden Fall einen Besuch wert.

Der Bahnhof von Irkutsk war nur einen Katzensprung von unserem Hotel entfernt. Mit Vorräten aus dem Supermarkt deckten wir uns ein und fuhren das erste Mal im Sitzwagen mit der Transsibirischen Eisenbahn. Zug-Tickets konnten wir nirgends ausdrucken, doch zum Glück klappte es mit unseren Online-Tickets.Zug Baikalsee Zug zum Baikalsee
Sitzabteil in der Transsib

Wir hatten genug Platz und das Gepäck konnten wir sicher über uns verstauen. Nach ca. 2,5 Stunden vorbei an atemberaubenden Landschaften (Bäume mit Glitzer-Schnee, Sonnenuntergang am Berg, zugefrorener Baikalsee) erreichten wir dann Sljudjanka am Baikalsee.

Ankunft in Sljudjanka, Russland

Am Bahnhof erwartete uns Maksim, der uns netterweise mit dem Auto vom Bahnhof abholte. Erstaunt stellten wir fest, dass er sehr gutes Englisch spricht, was auf unserer bisherigen Reise durch Russland noch nicht so oft anzutreffen war. Das Hotel liegt ca. 3 km von der Stadt entfernt. Unser Zimmer ist einfach (2 Betten, Kühlschrank, Wasserkocher, kleines Bad), hat dafür aber einen umwerfenden Ausblick auf den Baikalsee.

Golden Yurt

Unser Hotelrestaurant hatte wegen der Jahreszeit geschlossen, so dass uns unser Gastgeber Maksim das Restaurant „Goldene Jurte“ empfahl, welches fußläufig erreichbar ist. Unterwegs kam uns schon Nikolei entgegen, der fragte, ob wir die deutschen Gäste von Maksim wären. Das hat sich ja schnell herum gesprochen.
Das Essen ist hier einfach umwerfend. Es gab natürlich hausgemachte Dumplings, Suppe und ein tolles Kotelett. Die Bedienung spricht kein Wort Englisch, doch mittels google translate und Zeigen auf die Speisekarte haben wir uns dann doch verstanden.

Goldene Jurte
Goldene Jurte

Sehr früh fielen wir ins Bett und waren froh, dass unser Zimmer endlich mal normale Temperaturen hatte und nicht wie bisher immer über 20 Grad.